Der Sci-Fi-Roman von Peter Jungk bietet insgesamt eine sehr originelle Geschichte für
den anspruchsvolleren Leser. Es handelt sich hierbei um Band 1 einer Trilogie.
Die Verknüpfung des Zeitreise-Themas mit griechischer Mythologie fand ich zuerst irritierend und ich habe, um ehrlich zu sein, ein paar Seiten gebraucht, um mich mit der Erzählung anzufreunden, aber dann hat sie mich gepackt und regelrecht gefesselt. Ich glaube, die anfängliche Skepsis kam eher daher, dass ich keine Ahnung vom antiken Griechenland habe und sozusagen „nur“ eingefleischter Science-Fiction-Fan bin.
Nach genauerer Überlegung soll ja genau das eine gute Geschichte bieten: Lust darauf machen weiterzulesen - und genau das vermittelt auch „Der Fluch des Kronos“ in beeindruckender Weise. Hier wurde enorm hoher Aufwand betrieben.
Die Charaktere sind wunderbar präzise herausgearbeitet, das Gleiche gilt für die Beschreibung von Umgebungen mit allen sensorischen Wahrnehmungsmöglichkeiten. Gedankengänge werden ausführlich dargestellt. Die gewählte Sprache ist dabei sehr bildhaft und führt den Leser elegant ein in diese gemischte Welt aus Zukunft und Vergangenheit. Ich wünschte, ich hätte als Autor auch so einen metaphorischen Schreibstil - da sind meine Texte doch wesentlich schlichter gehalten, aber das sei nur am Rande erwähnt.
Zwei Leute aus dem Jahr 3000 treffen auf Menschen in der südosteuropäischen Bronze-Zeit und müssen sich mit deren ungewohnten Sitten, Gebräuchen und grausamen Ritualen auseinandersetzen. Steril-künstliche Welt der Zukunft trifft auf rauhe Natur mit ihren Gerüchen, Geschmäckern und Keimen. Für Leute aus der Antike wiederum müssen Menschen aus dem 4.Jahrtausend zwangsläufig wie Götter anmuten.
Für die Zeitreise selbst wird ein blauer Kristall verwendet, der Chronomat, der plötzlich aktiviert wird und Herman 4500 Jahre in die Vergangenheit katapultiert. Spannend dabei ist Hermans verzweifelter Versuch, sich in dieser fremden Epoche zurechtzufinden und sogar zu helfen, aber regelmäßig scheitert, weil er diese ungewohnte Kultur nicht versteht. Ihm wird sogar übel vor bestimmten Gerüchen, er hasst diesen ständigen Götterkult und er ekelt sich vor der Brutalität der Einheimischen und deren Selbstverständlichkeit, Leute zu verstümmeln und zu töten. Sozialdarwinismus in Reinform, den es im Jahr 3000 nicht mehr gibt.
Ein tragischer Held, der kein Held sein will, liefert durch sein Handeln die Vorlagen für seinen eigenen Mythos. Es folgen die bekannten Taten des Herakles, nur im Roman etwas anders interpretiert als in der bekannten Sage. Und diese Neuinterpretation macht es wiederum interessant, denn man will erfahren, wie dieser Herman-Herakles die Aufgaben meistert. Der Kampf mit dem Nemeischen Löwen zum Beispiel, fällt im Roman ganz anders aus als vielleicht erwartet.
Aus Sicht eines Sci-Fi-Fans und im Hinblick auf Zeitreisen kommen einem dabei bestimmte Begriffe wie das „Großvater-Paradoxon“ in den Sinn, das in etwa ausdrückt, dass ein Eingreifen in der Vergangenheit Konsequenzen für die Zukunft haben muss. Als Konsequenz entsteht im Roman der Mythos, den die Achäer durch das Erlebte mit Herman und Diane selbst schaffen.
Eventuell könnte man darüber spekulieren, ob Hermans und Dianes positive Einstellung zum Leben im Roman dann später sogar die Epoche der klassischen griechischen Antike mitgeprägt haben könnte, die etwa bedeutende Philosophen wie Sokrates oder Aristoteles und die attische Demokratie hervorgebracht hat - quasi weg vom Barbarentum hin zum Humanismus.
Das könnte man – oder müsste man eigentlich für ein besseres Verständnis - mit jeder Figur in der „Fluch des Kronos“ so handhaben und zusammenfassen.
Eine weitere Schwierigkeit stellten die häufigen, zeitlichen Perspektiven dar. Sind wir nun gerade bei Dianes erstem, zweitem oder drittem Zeitsprung? Die Frage musste ich mir öfter stellen und manche Text-Passagen nochmal lesen.
Durch die sogenannte Unschärfe bei Zeitreisen vertauschen sich manchmal Informationen, sogar ein Dinosaurier wird in die Antike katapultiert. Sein Kopf wird dabei abgetrennt und die Achäer ordnen ihn gleich der vielköpfigen Schlange Hydra zu, die Herman alias Herakles angeblich getötet haben soll. Ist das der Fluch des Kronos?
Ich freue mich schon darauf, Band 2 zu lesen …
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Was für eine tolle, aufwendige und reiche Rezension! Ich finde es großartig, wie ernsthaft und tief gehend du dich mit dem Inhalt dieses Buches befasst hast, um potenziellen Lesern dieses Thema und seine komplexen Zusammenhänge zugänglich zu machen. Auch ich habe größten Respekt vor dem fundierten Wissen des geschätzten Kollegen Peter Junk bezüglich der klassischen Antike und der griechischen Mythologie. Auch finde ich die Lyrik seines Stils bemerkenswert.Und vor dem Hintergrund, dass es sich bei Peter Junks Büchern um alles andere als Science Fiction-Einheitsbrei handelt, sondern um das, was ursprünglich dieses Genre ausmachte, freue ich mich sehr über deine Bereitschaft, Junks Büchern eine Plattform zu bieten. Das hat er mehr als verdient!
AntwortenLöschenVielen Dank, Udo, für den netten Kommentar zu meiner Rezension. 👍
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